Über Kostensteigerungen, Investitionsstau und Selbstausbeutung

Eine gute Millionen Euro mehr institutionelle Förderung, um Kostensteigerungen entgegenzuwirken und die Arbeit zu gewährleisten, neue Fördertöpfe für gesellschaftlich relevante Themen und sukzessive Steigerung des Stadtteilkulturetats – diese Forderungen stellte STADTKULTUR HAMBURG anlässlich der Bürgerschaftswahl Anfang des Jahres. Bisher hat sich noch nicht viel getan – die Situation ist nur kritischer geworden.

Autorin: Corinne Eichner

Die Stadtteilkultur hat einen hohen Wert für Hamburg. Die Erfolgsbilanz der Stadtteilkulturzentren zeigt für 2014 wieder eindrucksvoll, wie die Zentren unter schwierigen Bedingungen durch den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kulturelle Teilhabe vor Ort verwirklichen. Doch die Stadtteilkultur kann nur überleben und ihre wachsenden Aufgaben bewältigen, wenn Hamburg sie mit ihren Problemen nicht im Regen stehen lässt und sich finanziell klar zur Bedeutung der Stadtteilkultur für unsere Stadt bekennt.

Die Lage der Einrichtungen in den Stadtteilen wird angesichts steigender Kosten bei gleichbleibender Förderung immer dramatischer. Die Befragung der aus Mitteln der Kulturbehörde geförderten Stadtteilkulturzentren ergab Anfang des Jahres, dass allein im Bereich Personal- und Programmkosten ein Mehr­bedarf von gut einer Millionen Euro besteht. Die Programmangebote sind der Kern der Aufgaben der Stadtteilkulturzentren. Wenn immer höher steigende Kosten keine Luft mehr für An­gebote lassen, wird sich die Stadtteilkultur am Ende aus Not selbst „auffressen“: Sie wird sich kommerzialisieren müssen oder untergehen.

Für die hochengagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stadtteilkultur, die vielfach in Teilzeit arbeiten, droht nach langen Jahren voller Selbstausbeutung und unbezahlter Überstunden auch noch die Altersarmut, weil sie nicht genug in die Rentenkassen zahlen konnten. Für diese Menschen hat Hamburg eine Fürsorgepflicht: Die Tarifsteigerungen müssen durch die Stadt ausgeglichen werden.

Für Reparaturen, Investitionen und Baukosten ergaben sich laut einer Umfrage Mitte des Jahres Kosten in Höhe von min­destens 4,5 Millionen Euro. Hier wird es voraussichtlich Mittel aus dem Sanierungsfonds 2020 geben – diese werden aber nur einen Teil der Kosten decken können.

Noch immer nicht erfüllt sind die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag: Nach der Wahl hieß es dort, für die Weiterentwicklung der Stadtteilkultur würden mehr Mittel bereit­gestellt, die Zusammenarbeit der Behörden ausgeweitet und ein Fonds für Kooperationsprojekte zwischen Kultur und Schule eingerichtet werden.

Der Ruf nach neuen Fördertöpfen zu den Themen gesellschaftlicher Wandel, demokratische Werte und sozialer Zusammenhalt ist zumindest von den Hamburger Stiftungen gehört worden: Sie planen einen gemeinsamen Fonds für die Intensivierung der Arbeit mit Geflüchteten. Doch zivilgesellschaftliches Engagement kann nur Lücken füllen, sie kann nicht Aufgaben erfüllen, die der Staat übernehmen muss. Das Handeln der Politik ist überfällig.

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