Die letzten Jahre waren für die Hamburger Stadtteilkultur geprägt durch viele erfolgreiche Projekte vor allem in den Handlungsfeldern kulturelle Bildung und Stadtteilentwicklung durch Kultur, aber auch durch den immer dramatischeren Handlungsdruck, der sich aus dem fehlenden Ausgleich von Tarif- und Kostensteigerungen ergeben hat. Die seit letztem Jahr vorgenommenen tiefen Einschnitte im Personalbereich haben sich in den Kennzahlen der 28 geförderten Stadtteilkulturzentren für 2014 weiter fortgesetzt: Trotz erneuter Steigerung der Eigeneinnahmen gelang es der Hamburger Stadtteilkultur zwar, den Kostendruck auszugleichen, dafür musste aber hauptamtliches Personal abgebaut und stadtteilkulturelle Angebote, die keine Einnahmen bringen, mussten reduziert werden.
Grundlage der vorliegenden Erfolgsbilanz sind die Kennzahlen der 28 institutionell geförderten Stadtteilkulturzentren, die STADTKULTUR HAMBURG jährlich von der Kulturbehörde erhält, um eine umfassende Darstellung und qualitative Interpretation dieser Zahlen zu erarbeiten. Deshalb stellt die Erfolgsbilanz nur einen Ausschnitt des Potenzials und der Qualitäten stadtteilkultureller Arbeit dar, die auch von Bürgerhäusern und Geschichtswerkstätten sowie anderen Initiativen und Einrichtungen im Stadtteil geleistet wird.
Die institutionelle Förderung der Stadtteilkultur ist im Jahr 2014 erneut von 4.970.019 in 2013 leicht auf 4.945.481 Euro gesunken. Der prozentuale Anteil der Stadtteilkultur am ebenfalls leicht gesunkenen Gesamtkulturhaushalt von 236.889.000 Euro bleibt damit bei 2,08 Prozent.
Die Stadtteilkulturförderung gliedert sich für 2014 in folgende Bereiche:
- Institutionelle Förderung von 28 Zentren = 4.945.481 Euro
- Stadtteilkulturprojekte = 406.000 Euro
- Projektförderung Dachverband STADTKULTUR HAMBURG = 83.000 Euro
Angebote und Akzeptanz
Im Jahr 2014 konnten die 28 durch die Kulturbehörde geförderten Stadtteilkulturzentren das hohe Niveau der Gesamtbesucherzahlen mit knapp 1,9 Millionen halten, jedoch nicht – wie in all den vorangegangenen Jahren – weiter ausbauen.
Insgesamt zählten die Stadtteilkulturzentren 351.099 Besuche bei 3.086 Veranstaltungen. Weiterhin ist es den Kulturzentren gelungen, die Veranstaltungseinnahmen um 3,2 Prozent zu steigern (2013: 2.925.738 Euro, 2014: 3.020.034 Euro). Die Anzahl der Kurse hat sich mit 2.838 im Vergleich zum Vorjahr wieder erholt, sowohl Einnahmen als auch Besucherzahlen stiegen um rund 6 Prozent. Die Zentren sind etabliert als sozialer und kultureller Treffpunkt und als Ort, der zur Aktivierung und zur Mitgestaltung einlädt. Davon zeugt auch die hohe Anzahl Ehrenamtlicher mit 1.072 Menschen, die sich in ihrer Freizeit für ihren Stadtteil einsetzen.
Den größten Einbruch bei den Besucherzahlen haben die Kulturzentren bei ihrem Gastronomie- und Vermietungsangebot (2013: 406.529, 2014: 382.787) zu verzeichnen, mit dem sie über ihr Kulturprogramm hinaus zur Attraktivitätssteigerung ihrer Stadtteile beitragen, und bei „Sonstigen Besuchen“ (2013: 733.019, 2014: 643.166), d.h. selbstorganisierten zielgruppenspezifischen Angeboten. Dies kann ein Indiz für die schmerzhafte Einschränkung der Angebote von Stadtteilkulturzentren darstellen: Aufgrund von Personalmangel (siehe nächster Punkt „Dramatische Personalentwicklung“) können selbstorganisierte Angebote nicht stattfinden. Selbstorganisation ist aber ein zentraler Faktor für eine starke Nachbarschaft.
Dramatische Personalentwicklung
Im Jahr 2014 musste die Anzahl der hauptamtlich Beschäftigten erneut reduzieren werden auf 211 Mitarbeiter (2012: 253, 2013: 216). Die Anzahl der Vollzeitkräfte sank zwischen 2012 und 2014 von 48 auf 38 (2013: 41), um dem anhaltenden Kostensteigerungsdruck standhalten zu können. Die Steigerung der Umsätze der Stadtteilkulturzentren (siehe „Finanzielle Entwicklung“) reichte auch dieses Jahr nicht mehr aus, die Personal- und Kostensteigerungen auffangen zu können. Demgegenüber stehen keine entsprechenden Steigerungsraten bei Teilzeit- oder Honorarkräften. Das heißt: Hier bildet sich in den Kennzahlen der dramatische Personalabbau der Stadtteilkulturzentren in den letzten zwei Jahren sehr konkret ab. Mit dem abgebauten Personal musste das Angebotsspektrum gerade dort reduziert werden, wo es am meisten schmerzt: Es gab weniger Besucher bei den selbstorganisierten Angeboten und im Bereich Kinder- und Jugendkultur. Beide Bereiche gehören zu den Kernqualitäten der Stadtteilkultur.
Der mit 50,21 Prozent vergleichsweise geringe Anteil von Personalkosten an den Gesamtkosten weist einerseits auf effiziente Organisations- und Finanzstrukturentwicklung hin, stellt jedoch die Hauptamtlichen bei vergleichsweise geringer Bezahlung vor erhebliche Anforderungen – fachlich und im Management.
Die Anzahl der „Flexiblen Kräfte“ hat sich im Jahr 2014 zusammen mit den Honorarkräften auf rund 700 Mitarbeitern stabilisiert (Honorarkräfte 2013: 60, Flexible Kräfte 2013: 637). Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten sank mit knapp 18 Prozent weiter, der Anteil weiblichen Mitarbeiterinnen hält sich bei knapp 63 Prozent.
Bei den Kennzahlenerhebungen werden keine unbezahlten Überstunden ohne Freizeitausgleich abgefragt, die Evaluation aus dem Jahr 2009 lieferte hier jedoch eine wertvolle Ergänzung zur Personalsituation: Durchschnittlich lag die Anzahl der Überstunden hauptamtlicher Mitarbeiter bei 111 Stunden pro Jahr, was ein großes Engagement weit über die bezahlte Stelle hinaus – zumeist ja Teilzeit – hinaus dokumentiert.
Finanzielle Entwicklung
Bei seit 2009 ungefähr gleich bleibender institutioneller Förderung mussten die Zentren Kostensteigerungen und Mehraus-gaben durch Beiträge/Spenden, Veranstaltungs- und sonstigen Einnahmen ausgleichen. 2014 gelang es den Stadtteilkulturzentren, die Gesamteinnahmen trotz der angespannten Personallage um knapp 3,6 Prozent zu steigern (2012: 12.877.000, 2013: 13.339.180).
Einnahmen aus Veranstaltungen und Workshops machen zusammen 22,5 Prozent aus. Eine immer größere Bedeutung nehmen „Sonstige Einnahmen“ mit mittlerweile 14 Prozent und „Sonstige Förderung“ mit 19 Prozent ein. Bei letzteren ist den Kulturzentren eine Steigerung um 13,4 Prozent gelungen – von 2.517.145 (2013) auf 2.614.863 Euro – auch dies vor dem Hintergrund zurückgehender Personalressourcen, denn hier handelt es sich zumeist um Projektförderungen, die in der Regel mit hohem Aufwand für Antrag und Administration verbunden sind.
Allein Spenden, Veranstaltungseinnahmen und „Sonstige Einnahmen“ stellen mittlerweile knapp 45 Prozent der Einnahmen von Stadtteilkulturzentren dar. Die gemeinnützigen Organisationen sind gezwungen, kostenpflichtige Angebote auszubauen, während Angebote, die keine Einnahmen erzielen, im Zweifelsfall zurückgefahren werden müssen.
Eine erschreckende Entwicklung vollzieht sich bei den Ausgaben im Bereich „Verwaltung“: 2012: 490.506 Euro ,
2013: 658.995 Euro und 2014: 695.752 Euro – das sind knapp 42 Prozent Steigerung der Kosten in drei Jahren. Dies wirft ein Licht auf die Bürokratisierung öffentlicher Zuwendungen und den unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand.
Die Eigenmittelquote hat mittlerweile knapp 45 Prozent erreicht (2013: 44 Prozent). Damit bewegen sich die gemeinnützigen Organisationen auf einem hohen Risikolevel.
Die Tatsache, dass allein die Fixkosten – Personal-, Miet- und Betriebskosten – die institutionelle Förderung inzwischen um über 73 Prozent (2013: 73%, 2012: 68% , 2011: 63,5% , 2010: 55%) übersteigen, belegt erneut den dringenden kulturpolitischen Handlungsbedarf.
Resümee
Aus der Erfolgsbilanz 2014 lassen sich folgende zentrale Aspekte ableiten:
- Die Stadtteilkulturzentren arbeiten weiterhin erfolgreich und sind in den Stadtteilen fest verankert. Sie konnten die Gesamtzahl ihrer Besucher auch im vergangenen Jahr erneut steigern. Sie erzielten einen Einnahmenzuwachs durch Mehreinnahmen im Veranstaltungsbereich, bei den Beiträgen/Spenden, bei sonstigen Einnahmen und bei den sonstigen Förderungen. Gleichzeitig ging die Institutionelle Förderung 2014 sogar leicht zurück.
- Bereits im zweiten Jahr mussten die Stadtteilkulturzentren schmerzhafte Einschnitte vornehmen: Ein deutlicher Personalabbau sowie eine teilweise Einschränkung des Angebots waren nötig und es konnte weniger Raum für selbstorganisierte Angebote konnte zur Verfügung gestellt, weil die Steigerung der Kosten durch Tariferhöhungen und ansteigende Fixkosten die Mehreinnahmen immer weiter übersteigen.
- Da die institutionelle Förderung bei Weitem nicht einmal die Fixkosten der Stadtteilkulturzentren abdeckt und sich in Richtung einer Ein-Drittel-Finanzierung entwickelt, tragen die Einrichtungen und ihre hochengagierten Mitarbeiter ein hohes finanzielles Risiko. Damit dürfen sie nicht länger allein gelassen werden.
- Der Trend, die Stadtteilkultureinrichtungen mit immer höheren Verwaltungsanforderungen zu belasten und gleichzeitig ihre Förderung nicht der Kostenentwicklung anzupassen und damit faktisch zurückzufahren, hat sich 2014 noch verstärkt. Sollte dieser Trend anhalten, muss das angesichts zunehmen-der Aufgaben für die Stadtteilkultur dazu führen, dass die Zentren entweder mehr oder weniger langsam „aushungern“ oder sie sich immer weiter kommerzialisieren. In beiden Fällen wären kulturelle Teilhabe und Bildung vor Ort schließlich nur noch für die möglich, die sich dies leisten können. Die Stärken und das inklusive Potential der Hamburger Stadtteilkultur wären damit verloren.
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