Second Life

Manches Digitale aus der Coronazeit wird bleiben, glaubt Klaus Kolb von der Eppendorfer Kunstklinik. Die viel größere Frage aber ist für ihn: Wie gelingt das Wieder-Hochfahren der Kultur unter schwierigen Rahmenbedingungen?

Autor: Klaus Kolb

„Und tschüss!“ – am Ende einer Konferenz wird gewunken, Screenshot: Klaus Kolb

Was ist der Unterschied zwischen einer Teambesprechung mit sechs realen Nasen und einer mit sechs Nasen-Bildchen auf dem Split-Screen? Das ist so ähnlich wie spannender Unterricht, in dem man mitgeht, darauf brennt, endlich dranzukommen, drauflosredet und vorhersehbarem Frontalunterricht mit bravem Handheben und mit vorbereiteten Fragen der langweiligen Leitung.

Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich bin offen für alles Digitale und Videokonferenzen sind praktisch, sparen Fahrzeit und Energie. Sie werden bestimmt bleiben nach Corona. Aber sie sind doch etwas fade, eben Second Life. Für Emotionen braucht es den Kontakt mit realen Menschen, braucht es den Live-Act.

Der findet seit Mitte März nicht mehr statt. Zusammen mit den anderen Veranstalter*innen musste sich auch die Stadtteilkultur in die Phalanx der geschlossenen Türen einreihen.

Das war gut und richtig, aber was blieb noch übrig für die Kultur? Nach einer ersten Phase des Shutdown-Managements antworteten Künstler*innen und Einrichtungen mit Online-Ausstellungen, gestreamten Wohnzimmerkonzerten, Live-Mitschnitten aus Vorcorona-Zeiten und Plakataktionen im öffentlichen Raum. Das war interessant, engagiert, vielseitig und es sind tolle Perlen dazugekommen. Auch hier werden Formate bleiben für die nächsten Jahre.

Mich interessiert aber vielmehr die Phase 3: der Neustart, besser: das langsame Hochfahren der Kultur, deren Fehlen ja aller Orten beklagt wird. Auch unter zugegebenermaßen nicht einfachen Rahmenbedingen: „Künste können Brücken über den Abgrund bauen“ (Wilhelm Schmid).

Wie können wir Zeichen setzen in den nächsten Monaten und die Krise kreativ wenden? Ein Beispiel: Unsere Theaterpädagogin schreibt zurzeit das schon einstudierte Stück um, damit nicht zu viele Kinder gleichzeitig auf der Bühne spielen (Abstand!). Die spielerische Einübung von Regeln inklusive Verhalten hinter der Bühne wird fester Bestandteil der nächsten Proben sein, die hoffentlich bald wieder losgehen können. Eine Vorstellung ist mit limitierter Zuschauerzahl für den Herbst geplant. Ob es klappt? Wir werden es versuchen – und dann das Video der Aufführung ins Netz stellen.

Klaus Kolb
Klaus Kolb

stammt aus dem Westerwald, organisierte schon als Schüler Rockkonzerte und studierte Soziologie in Marburg. Mitte der 80er Jahre engagierte er sich im Verein „Bürgerhaus für Eppendorf“, aus dem im Lauf der Jahre die Eppendorfer Kunstklinik entstanden ist, in der Klaus Kolb derzeit als Geschäftsführer arbeitet.

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