Formate für die Demokratie

Soziokulturelle Zentren und Initiativen sind das sichtbare Ergebnis demokratischer Prozesse: Sie sind entstanden durch das gesellschaftliche Engagement von Menschen in den Quartieren. Demokratieförderung ist Teil des Selbstverständnisses von Soziokultur. Demokratische Werte und Strukturen geraten jedoch zunehmend unter Druck: Das ist bis in die lokalen Ebenen hinein zu spüren – auch in den Hamburger Stadtteilen.

Autor*in: Sylvia Linneberg

Kick-off-Workshop im B*Treff Altona im Juni 2025, Foto: STADTKULTUR HAMBURG

Mit neuen „Formaten für die Demokratie“ wollen die Einrichtungen der Hamburger Stadtteilkultur dem entgegenwirken. Gefördert durch die Kulturbehörde und koordiniert durch STADTKULTUR HAMBURG haben sich rund 20 Mitarbeitende aus ebenso vielen Stadtteilkultureinrichtungen zu fünf Arbeitsgruppen zusammengeschlossen, um Formate zu entwickeln, die die Menschen in den Quartieren (wieder) miteinander ins Gespräch bringen.

Neben der Entwicklung neuer Formate geht es dabei auch um die Erprobung neuer Formen der Zusammenarbeit. Die Einrichtungen der Stadtteilkultur sind gut miteinander vernetzt in unterschiedlichen Austauschrunden und nicht zuletzt durch den jährlichen Hamburger Ratschlag Stadtteilkultur. Die stadtteilübergreifende Zusammenarbeit im Programm- und Veranstaltungsbereich ist aber bisher eher die Ausnahme. Dabei lassen sich damit Ressourcen sparen und Synergien schaffen. Expertise, Know-how, aber auch Räume, Technik und nicht zuletzt zeitliche Ressourcen können gemeinsam genutzt werden. Das stärkt die Verbindung untereinander und die Resilienz in Zeiten von Dauerkrisen.

Was ist Demokratieförderung für uns?

Die zentrale Frage auf dem Kick-off, Foto: STADTKULTUR HAMBURG

Bevor die Arbeit in den Gruppen startete, formulierten die Teilnehmenden ein gemeinsames Verständnis von Demokratieförderung im Rahmen von Soziokultur, das der weiteren Arbeit zugrunde liegt: Demokratieförderung in der Soziokultur zielt darauf ab, die demokratischen Strukturen, Kompetenzen und die politische Kultur in unserer Gesellschaft nachhaltig zu stärken und zu beleben. Es geht darum, die Demokratie nicht nur als Regierungsform hinzunehmen, sondern als gelebte Alltagsrealität in den Quartieren zu verankern und so eine Kultur der Demokratie als wirksame Partizipation zu entwickeln und zu pflegen.

Zentral ist die Ermöglichung der direkten Beteiligung an der Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes, sprich die Ermöglichung von „Demokratie-Erlebnissen“. Dies stärkt die Selbstwirksamkeit der Bürger*innen und fördert das Gefühl, ein wichtiger Teil der Gesellschaft zu sein. Dazu gehört auch der direkte Austausch mit lokalen Verwaltungen und Politiker*innen. Soziokultur schafft hierfür offene Räume, in denen Menschen Freiheit, Respekt und Akzeptanz in der Gemeinschaft erfahren können.

Demokratieförderung heißt aber auch, zivile Kompetenzen zu vermitteln, wie das Aushalten von Uneindeutigkeit und Unterschiedlichkeit sowie die Akzeptanz der Dilemmata und Widersprüche der Demokratie selbst. Des Weiteren ist ein wesentlicher Pfeiler der Demokratieförderung der Einsatz für Menschenrechte und Chancengleichheit. Dazu gehört die Förderung von Empathie und Allyship – also der aktiven Unterstützung für Gruppen und Menschen, die nicht der Mehrheitsgesellschaft angehören. Schließlich umfasst die Demokratieförderung die aktive Bekämpfung von Desinformation und die Förderung des Austauschs zwischen verschiedenen Kulturen, um eine informierte, pluralistische und inklusive Gesellschaft zu festigen.

Umsetzung des Projektes

Auftakttreffen im HausDrei im April 2025, Foto: STADTKULTUR HAMBURG

Fünf Arbeitsgruppen entwickeln zusammen mit Künstler*innen, Kooperationspartner*innen aus den Stadtteilen sowie Fachexpert*innen und Prozessbegleiter*innen Formatprototypen und erproben diese in einer ersten Phase in einzelnen Einrichtungen. Nach einer Auswertung und ggf. Nachjustierung folgt eine Skalierungsphase, in der die Formate an weiteren Standorten durchgeführt werden. In der letzten Phase entsteht eine Toolbox auf Basis der entstandenen Expertise. Die Formate können so von weiteren Interessierten über den Projektzeitraum hinaus hamburgweit erprobt und bei Bedarf angepasst und weiterentwickelt werden.

Die Arbeitsgruppen entwickeln gerade Format-Prototypen zu folgenden Themen:

  • Forschen – Demokratie – Biografischer Ansatz: Welchen Einfluss haben unsere Biografien auf unser Demokratieverständnis?
  • Demokratische Trends – Social Media: Wie funktionieren Trends auf Social Media und wie lassen sich neue Trends setzen, die sich konstruktiv – und nicht destruktiv – mit Demokratie auseinandersetzen? Ein Format von, für und mit Jugendlichen soll entstehen.
  • Let’s talk about… Wertekonflikte: Es gibt bereits eine Reihe guter Formate, die Menschen mit unterschiedlichen Werten miteinander ins Gespräch bringen. Aus Mangel an Ressourcen können sie jedoch häufig nicht verstetigt werden und wirken nur punktuell. Wie können daraus nachhaltige Formate für den Stadtteil entstehen?
  • Politik und Beteiligung: Wie können Menschen befähigt werden, Beteiligungsstrukturen zu nutzen oder sogar selbst zu erschaffen? Wie können bestehende Beteiligungsstrukturen attraktiver und inklusiver werden?
  • Hemmschwellengymnastik: Ein interaktives Pop-up-Format im öffentlichen Raum, das Passant*innen motiviert, Wünsche und Anliegen für Veränderungen in ihrem Stadtteil vorzubringen. Es werden Möglichkeiten der demokratischen Beteiligung aufgezeigt und direkt vor Ort in die Wege geleitet, indem gemeinsam passende Ansprechpartner*innen in der Verwaltung gesucht und über Mail, Post, Fax oder Anruf kontaktiert werden.

Mehr Infos und Mitwirkungsmöglichkeiten

Wer Interesse an mehr Informationen hat oder sich bei der Entwicklung der Formate einbringen möchte, kann sich an die Projektleitung Sylvia Linneberg wenden:

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