Partizipation tut not

Stadtteilkultur ist einfach keine Stadtteilkultur, wenn die Nutzer*innen keinen Zugriff auf die Gestaltung des Angebots und des Kulturzentrums haben: Ein gutes Beispiel hierfür ist eine Aktion des Bürgerhaus in Barmbek, die auf den ersten Blick nicht viel hermacht, bei genauerer Betrachtung aber viele Aspekte gelungener Partizipation in sich birgt: Das Bemalen der Café-Bestuhlung.

Autor: Ulli Smandek
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Aus alt wird „shabby chic“ für das neue Bürgerhaus-Café, Foto: Bürgerhaus in Barmbek

Es ging um die Neugestaltung des erweiterten Café-Bereichs. Für eine neue Bestuhlung reichte das Geld nicht. Die alten Stühle waren noch brauchbar, aber nach 20 Jahren Nutzung recht unansehnlich geworden.

Das Stadtteilkulturzentrum rief zu einem Arbeitswochenende auf, bei dem die Stühle unter Anleitung umgestaltet werden sollten. Vorgegeben waren der Zeitrahmen und der Stil der Gestaltung: Shabby Chic. Die Teilnehmer*innen hatten die Wahl, wie „shabby“ ihre Produkte werden sollten, und welche Farben sie einsetzen wollten.

Die kleine Aktion entfaltete enorme Wirkung. Fünfzehn Personen beteiligten sich an einem oder beiden Tagen und bearbeiteten stundenlang einen oder mehrere Stühle. Am Ende sahen die vierzig Stühle sehr anders aus. Aber das war nur die Produktebene. Weitere Effekte waren: Ein befriedigendes Wochenende mit viel Kontakt und Spaß (sozialer Kontext), persönlichem kreativem Ausdruck (Selbstbestimmung) und einem deutlich sichtbaren Effekt (Erfolg).
Die Partizipation lag im Mitgestalten eines – wenn auch kleinen – Aspekts des gemeinsamen Zentrums. Das aktive Begreifen, Erfassen, Behandeln ist immer auch ein „Zueigenmachen“ des Objekts.

Über die Einsparung der Anschaffungskosten für neue Stühle hinaus hat das Bürgerhaus nun eine Café-Möblierung, die kreative Möglichkeiten aufzeigt und von der Liebe der Nutzer*innen zu ihrem Zentrum zeugt. Die Aktion beweist, dass es im Bürgerhaus in Barmbek möglich ist, sich einzumischen, und sie lädt dazu ein, nicht nur das Café, sondern auch das Haus und die eigene Umgebung mitzugestalten.

Partizipation im Stadtteil: Der Stadtteilrat Barmbek-Nord

Ein Stadtteil ist u.a. auch ein kulturelles Projekt, an dem es teilzunehmen gilt. Barmbek-Nord – und vor allem seine beiden Stadtteilkulturzentren die Zinnschmelze und das Bürgerhaus in Barmbek – hat einige Erfahrung mit Partizipation. Bei der Entstehung stand die Ausgestaltung von Zinnschmelze und Bürgerhaus im Vordergrund: „Kultur für alle“ und „Unser Zentrum“ kommen ohne Teilnehmende nicht aus. Ab 2000 nahmen die beiden Zentren gemeinsam den Stadtteil in den Blick und an die Hand: Bürgerbefragungen, Kulturaktionen außerhalb der Zentren, Stadtteilforen und Stadtteilvernetzung.

Mit einem Sanierungsgebiet und einem Gebiet der Aktiven Stadtteilentwicklung kam eine neue Dimension hinzu: Hier ging es nicht mehr um Ideen, die freundlicherweise berücksichtigt werden sollten. Hier sollten die Beiräte ganz offiziell zu Planungsvorhaben Position beziehen.

Nachdem die Arbeiten im ersten Gebiet abgeschlossen waren, folgte der nächste Schritt: Die Gründung eines Stadtteilrats. Der Stadtteilrat Barmbek-Nord ist eine Partizipation, bei der die Frage nach dem Gelingen noch nicht abschließend geklärt ist. Mit dem Übergang vom Beirat zum Rat entfielen erhebliche Hilfen:

  • Eine klare Vorgabe durch das Erneuerungsprogramm, welche Projekte und Themen zu prüfen seien.
  • Eine gute und engagierte professionelle Begleitung durch eine eigens installierte Gebietsbetreuung und durch den Bezirk.
  • Die vorgeschriebene Informationspflicht der beteiligten Fachämter, was die Planung der Projekte betrifft.
  • Eine vorgegebene Organisationsstruktur mit klaren Aufgaben und Befugnissen.

Diese Verluste auszugleichen, fordert ein deutliches Mehr an Engagement von den Teilnehmenden. Im ersten Jahr klärte der Rat seinen formalen Rahmen, die Aufgabenverteilung zwischen Sprecherteam, Plenum und den Arbeitsgruppen, auf die dieser Stadtteilrat stark setzt, und er stellte seine Öffentlichkeitsarbeit auf. 2015 ging es um die Ergebnisse der Arbeitsgruppen und um die Kontakte zu anderen (Bei)Räten. Für 2016 stehen die
Fokussierung auf Schwerpunkte und das wirksame Verfolgen dieser auf dem Programm. Die Anforderung an die Akteure ist immens. Zum Glück ist der Rat im Stadtteil offenbar sehr attraktiv: Bei fast jeder Sitzung treten neue Mitglieder ein. Das macht Mut zum Weiterpartizipieren.

KONTAKT
Bürgerhaus in Barmbek e.V.
Lorichsstr. 28 A · 22307 Hamburg · 040/630 40 00
· www.buergerhaus-in-barmbek.de

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