Mit Kunst die Verbundenheit der Kulturen erfahrbar machen

Der Künstler Saeeid Dastmalchian realisiert seit Jahren interkulturelle Projekte in unserer Stadt und setzt mit ihnen immer wieder neue Impulse, aus der Überzeugung ­heraus, dass der Weg zu einem friedlichen Miteinander nur gemeinsam möglich ist.

Autorin: Cordula Dastmalchian

Unsere grenzenlose menschliche Verbundenheit sichtbar und erfahrbar zu machen, ist seit Jahren Triebfeder des Schaffens des in Hamburg lebenden deutsch-iranischen Künstlers Saeeid Dastmalchian. Mit seinen Projekten setzt er immer wieder neu bewusstseinsentfaltende Impulse, aus der Überzeugung heraus, dass der Weg zu einem friedlichen Miteinander nur gemeinsam möglich ist, und dass nur wer sich zugehörig fühlt, auch bereit ist, sich für das Allgemein­wohl zu engagieren.

Im Quartier Essener Strasse im Hamburger Stadtteil Langenhorn leben Menschen verschiedenster Nationalitäten zusammen. Sprachliche Barrieren erschweren nicht selten die Integration im direkten Wohnumfeld. Vor diesem Hintergrund entwickelte der Künstler 2007 die Idee eines interkulturellen Nachbarschaftsfestes Buffet der Kulturen (www.buffetderkulturen.de). Unter dem Motto „Gemeinsam die Vielfalt feiern und einander in Offenheit begegnen“ treffen sich seitdem alljährlich Bewohner und Gäste von außerhalb auf dem Marktplatz Käkenhof. Alle sind eingeladen, eine landestypische Spezialität mitzubringen und so zur Gestaltung einer Tafel mit internationalen Köstlichkeiten beizutragen, die dann gemeinsam genossen werden. In ungezwungener Atmosphäre entstehen mit Leichtigkeit und Genuss Brücken zwischen Menschen und Kulturen – lebendige Integration. Veranstaltet vom ella –Kulturhaus Langenhorn wurde im August dieses Jahres zum achten Mal das „Buffet der Kulturen“ gefeiert, wie immer begleitet von einem vielfältigen Kulturprogramm, das die ansässigen Institutionen und Künstler gestalteten.

Ein weiteres interkulturelles Projekt, das Dastmalchian 2011 gemeinsam mit seiner Frau Cordula realisierte, trägt den Titel Die Welt in Hamburg zu Hause. Die Frage nach der Heimat steht für viele der über 500 000 Hamburger mit Zuwanderungshintergrund im Zentrum ihrer persönlichen Auseinandersetzung und hat zugleich Auswirkungen auf unser aller Zusammenleben sowie die Entwicklung unserer Stadt. Dabei scheint vielen Zuwanderern nicht bewusst zu sein, dass sie längst eine Beziehung zu Hamburg aufgebaut haben, die man auch mit Heimatgefühlen in Verbindung bringen kann. Bei diesem Projekt geben Familien aus unterschied­-lichen Hamburger Stadtteilen mit unterschiedlicher Herkunft Einblicke in ihre Lebenswege und erzählen, was sie an der Hansestadt so lieben, aber auch, was sie vermissen. Die Gesprächsinhalte und Portraits wurden in Buch- und Ausstellungsform festgehalten und wandern durch die Stadt. Die Botschaft ist klar: Egal, woher wir stammen, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft liegt in jedem von uns. Dies anzuerkennen und selbst offen auf andere zuzugehen, macht erst gelebte Weltgemeinschaft in unserer Stadt möglich.

Doch kulturelle Vielfalt heißt auch immer religiöse Vielfalt. Für ein friedliches interkulturelles Miteinander führt kein Weg am Dialog der Religionen vorbei. Aber wie kann man eine neutrale Ebene für eine Annährung der Religionen in einer multikulturellen Stadt wie Hamburg schaffen? Zeit der Begegnung, das interreligiöse Projekt von Dastmalchian, nähert sich diesem sensiblen Thema auf besondere Weise. Dem Künstler ist es gelungen, Hamburger Vertreter der fünf Weltreligionen für eine Idee zu gewinnen, die zutiefst menschliche Gefühle zum Anlass nimmt, uns an unsere Verbunden­heit zu erinnern. Denn wir fühlen alle – unabhängig von Herkunft und Glaubenszugehörigkeit. An Hand von 12 Gefühlsebenen wählten Religionsvertreter Textpassagen aus ihren heiligen Schriften aus, die die Qualität dieser Gefühle wiedergeben sollten. Zeitgleich und ebenso auf diesen 12 Gefühlen basierend, entstanden Malereien des Künstlers, die dem Betrachter einen Zugang zu den jeweiligen Gefühlsprozessen eröffnen. Wo der Text als Quelle der Weisheit und für den Gläubigen als Fundament seines religiösen Bewusstseins steht, dient das Bild als universelles Kommuni­kationsmittel, als verbindendes Element aller Aussagen und bietet eine neutrale Ebene der Begegnung im Dialog der Kul­turen und Religionen an. Die große Resonanz, die das Buch und die deutschlandweiten Ausstellungen von „Zeit der Begeg­nung“ erfahren, machen deutlich, wie groß der Auseinander­setzungsbedarf in unserer Gesellschaft hier nach wie vor ist.

Mit seinem 2009 realisierten Buch- und Ausstellungsprojekt Träume leben appelliert der Künstler, der selbst im Alter von 13 Jahren seine Heimat verlassen musste, an junge Einwan­derer, ihren Migrationshintergrund als Chance zu begreifen und ihren Platz in dieser Gesellschaft selbstbewusst und gezielt einzunehmen. Gemeinsam mit Jugendlichen der Europaschule Gymnasium Hamm, wo Schüler aus mehr als 68 Nationen gemeinsam lernen, wurden prominente Hamburger mit Migrationshintergrund über ihren Weg zum Erfolg interviewt und portraitiert. Das Gymnasium Hamm war als Schule für das Projekt prädestiniert, denn dort ist das Thema interkul­turelles Miteinander ständig präsent. Vor allem die Frage, wie Jugendlichen, die sich nicht dazugehörig fühlen, die Erfahrung vermittelt werden kann, Teil und Mitgestalter dieser Gesellschaft zu sein. Die Botschaft von „Träume leben“ inspiriert und erreicht bis heute Menschen in Workshops und Seminaren und wanderte als mehrsprachige Ausstellung
über Hamburgs Grenzen hinaus bis nach St. Petersburg und Shanghai.

Kontakt:
Atelier Dastmalchian, Hamburg, 040/50 09 05 66, , www.dastmalchian.de

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