Stadtteil? Geht gut!

Kulturarbeit zum Thema „Stadtteil“ ist seit zwölf Jahren ein wesentlicher Schwerpunkt des BÜRGERHAUSES IN BARMBEK. Zeit für eine Zusammenfassung der Projekte und eine konzeptionelle Verortung dieser Kulturarbeit im und mit dem Quartier.

Autor: Ulli Smandek

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Barmbekerinnen und Barmbeker lauschen auf der HörSpielWiese 2013, Foto: Bürgerhaus in Barmbek

Ein Stadtteil kann als zufällige Umgebung der eigenen Wohnung aufgefasst werden. Er kann aber auch als identitätsstiftender Bezugsort seiner Bewohner fungieren. Jede der beiden Interpretationen hat erhebliche Folgen. Die erste schafft das Gefühl von Autonomie, von der Steuerung der eigenen Bezugsrahmen und Zugehörigkeiten, aber auch Anonymität. Die zweite mündet in Gefühle von Heimat, Zuhause, Geborgenheit und Verantwortlichkeit. Sie weckt Interesse für das Geschehen in der näheren Umgebung, schafft Nachbarschaft, macht den Stadtteil zum einem Thema, zum Aktionsraum, zum Objekt des eigenen Engagements –eventuell sogar der eigenen Kreativität.

Auch bei Verwaltern und Planern führt die Wahl der Haltung zu grundverschiedenen Konsequenzen. Der Unterschied zwischen einer Verwaltung oder einer großen Firma, die vor sich hin plant und dabei nicht gern gestört wird, und einem großen Akteur, der den Dialog aktiv sucht und für Verbesserung der eigenen Planung nutzt, ist bekannt und immens. Lebensqualität und Liebenswürdigkeit des Stadtteils werden durch die jeweilige Auffassung offensichtlich mehr geprägt als durch Budgets, Förderschwerpunkte oder Sonntagsreden.

Das Bürgerhaus in Barmbek begann seine Stadtteilarbeit indem es – gemeinsam mit lokalen Partnern – nach Wünschen zum Stadtteil fragte. Eigentlich eine naheliegende Idee, nur war in Barmbek bisher noch niemand darauf gekommen. Die Resonanz war überraschend groß, es hagelte Lob und das Bürgerhaus fühlte sich verpflichtet, das Thema weiter zu verfolgen.

So entstanden seither weitere Befragungsaktionen zu spezielleren Themen oder Bereichen im Stadtteil wie z. B. WohnSitz Barmbek, Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten wie Kultur-Blüten oder die HörSpielWiese, das StadtTeilGespräch als regelmäßiges Stadtteilforum, eine regelmäßige Stadtteilkonferenz – der Barmbeker Ratschlag, Gruppen zur Gestaltung des Stadtteils wie die FilmBlüte oder die Offene Textilwerkstatt, Gratis-Kunstpostkarten an Orten im Stadtteil – die barmbek kARTe, aber auch kurze und gezielte politische Aktionen des Netzwerks z. B. zu Bahnhofsumbau und zum Nazi-Aufmarsch.

Den sehr unterschiedlichen Aktionen und Projekten liegen folgende Qualitätskriterien zugrunde:

  • Die Aktionen und Aktivitäten sollen die Identifikation mit dem Stadtteil stärken. Ein Stadtteil im Wandel braucht Menschen, die für ihn bürgen, damit er nicht verwahrlost.
  • Sie müssen Gesprächsanlässe mit sich bringen. Im Barmbek- Nord der kleinen Wohnungen muss es auch immer darum gehen, miteinander in Kontakt zu treten.
  • Sie müssen Möglichkeiten zur Teilhabe bieten. Ob Äußerungen, Mitwirkung bei Aktionen oder Mitarbeit bei Veranstaltungen: Aktives Mitwirken führt zu Beteiligtsein.
  • Sie müssen zu konstruktiven Äußerungen einladen, Jammern und Beschwerden setzen keine Energien frei. Wünsche, Ideen, Vorschläge, Beiträge, kreative Arbeiten machen den Stadtteil gestaltbar, das Zugreifen führt ins Begreifen, die kreative Investition zum Engagement.
  • Sie sollen von vielen lokalen Partnern getragen werden. Die Akteure leben Nachbarschaft vor, bilden eine Gruppe und laden ihre Zielgruppen ein.
  • Sie sollen eine ansprechende Ästhetik haben. Eine liebevolle Gestaltung von Requisiten und Aktionen spricht die eigene Kreativität an und wertet die Aktion als Erlebnis auf.
  • Sie sollen formal abgeschlossen, verstetigt oder weiterentwickelt werden. Aktionen werden öffentlich dokumentiert. Vorschläge werden an Entscheider weitergegeben. Möglichkeiten, sich zu engagieren und aktiv zu werden, werden gesucht und gegebenenfalls geschaffen.

Und wie geht es jetzt weiter? Neben dem Bürgerhaus entsteht nun endlich der lange vorbereitete Saalanbau. Die Baustelle fordert einerseits Aktionen, um das Publikum für den vergrößerten Betrieb zu gewinnen. Die Aktionen wie Bauzaun-Kunst, Wünsche-Sammlung und Namens-Suche gehen in diese Richtung. Andererseits zwingt der Baubetrieb zu verstärkten Aktionen an anderen Orten. Im August gab es bereits einen Stadtteil-Mitbring-Brunch und die zweite HörSpielWiese, beides in Grünanlagen, beides vernetzte Veranstaltungen.

Die Ankündigungen der kommenden und die Dokumentationen der stattgefundenen oben aufgeführten Projekte und Aktionen sind auf der Bürgerhaus-Website zu finden.

Kontakt:
Bürgerhaus in Barmbek, Lorichsstr. 28 A, 22307 Hamburg, 040/630 40 00, , www.buergerhaus-in-barmbek.de

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