Kunstklinik Bethanien

Das leerstehende Krankenhaus neben dem KULTURHAUS EPPENDORF wurde im Juni ein Wochenende lang zu einer großen Galerie – mit Ausstellungen in 50 Krankenzimmern.

Autor: Klaus Kolb

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„Swing op de Deel“ im Schwimmbad des Krankenhauses unter der Installation „100 Gramm“ der Marie-Beschütz-Schule, umrahmt von Sandra Schiers Bildern, Foto: Bernd Hellwage

„An Hamburger Künstler aller Sparten, künstlerische Initiativen und Träger aus der Behindertenhilfe: Wir suchen Euch für Aktionstage von behinderten und nichtbehinderten Künstlern. Macht mit bei der Kunstklinik Bethanien!“ Diesen Aufruf verbreiteten das Kulturhaus Eppendorf und die Vereine crazyartists und Martini erleben vor anderthalb Jahren.

Über 80 Künstler und Künstlergruppen reagierten. Neben den Ausstellungen wurden Musikgruppen, Tanz- und Theateraufführungen und Lesungen in das immer voller werdende Programm aufgenommen. Dazu gesellten sich zwei Schulen mit ihren Kunstklassen, der Verein Kulturlotse, ein HVV-Mobilitätstraining in einem Bus, das Stadtteilarchiv Eppendorf mit der Sonderausstellung „Geboren im Bethanien“ und geführte „Kunstvisiten“. Und Kunst- und Kulturprojekte aus acht Einrichtungen der Behindertenhilfe meldeten sich an.

Für die Vorbereitung traf sich eine Projektgruppe, in der zehn Freiwillige regelmäßig über ein Jahr lang mitarbeiteten. Die Bespielung eines verlassenen Krankenhauses hat ihre Tücken: Viele technische und logistische Fragen mussten von den Organisatoren gelöst werden. Aber der Einsatz wurde am Kunstklinik-Wochenende belohnt: Über 2000 Besucher erlebten am 8. und 9. Juni das in eine riesige Galerie verwandelte
Gebäude und kamen – wie es ein Besucher dem Hamburger Abendblatt gegenüber formulierte – gesünder heraus als sie hineingegangen waren. 80 Künstler mit und ohne Handicap stellten ihre Werke aus, setzten in kreativer und sehr unterschiedlicher Weise die verlassenen Räume ganz neu in Szene. Am Sonnabend gab es zusätzlich zu den Ausstellungen Musik, Theater und Lesungen.

An diesem Ort hat sich wieder bewiesen: Künstlerische Zwischennutzungen von leerstehenden Räumen setzen ungeahnte Energien frei. Für alle Besucher war spürbar, welche Kraft in der Kunst steckt und die Vielfalt der künstlerischen Positionen war beeindruckend. Die Kunstklinik hat der 120-jährigen Geschichte des Gebäudes einen würdigen Abschied bereitet und die neuen Nutzungen beispielhaft angekündigt. Sie hat das Wort „Inklusion“ mit Leben gefüllt und unterschiedliche Menschen auf der Ebene der Kunst zusammengebracht. Im Vordergrund stand die Kunst, Handicaps wurden – auch im Umgang miteinander – völlig nebensächlich.

Das Krankenhaus Bethanien wird in den kommenden Jahren komplett umgebaut. Dort entstehen neben 80 öffentlich geförderten Wohnungen Räume für soziale und kulturelle Einrichtungen. So werden auch das Kulturhaus Eppendorf, das Stadtteilarchiv Eppendorf, die Sozialstation Eppendorf, der Verein crazyartists und andere dort eine neue Heimat finden.

Kontakt:
Kulturhaus Eppendorf, Julius-Reincke-Stieg 13a, 20251 Hamburg, 040/48 15 48,

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