Rückeroberung des Stadtraums

Freiräume hat man nicht einfach per se, sie müssen immer wieder neu ausgehandelt, verteidigt und geschaffen werden. Bei Aushandlungsprozessen zu unterstützen, auf das Verschwinden dieser Räume hinzuweisen und Bewohnern des Stadtteils die Möglichkeit zu eröffnen, sich sowohl künstlerisch-kreative als auch gesellschaftspolitische Freiräume anzueignen, ist eine der Aufgaben von Stadtteilkulturzentren wie der GWA ST. PAULI. Dies gilt für das Bereithalten dieser Freiräume im Stadteilkulturzentrum selber ebenso wie für Freiräume im Stadtteil – dem öffentlichen Raum, der zunehmend verschwindet.

Autorin: Rebecca Lohse

Planungsbüro von „No BNQ“, Foto: GWA St. Pauli

Die Entwicklung des Stadtteils beschäftigt seit Jahrzehnten die Bewohnerinnen und Bewohner von St. Pauli. Daher ist es kein Zufall, dass die GWA St. Pauli von Anfang an auch den Stadtraum als solchen thematisiert: Als Ort an dem die Bewohner leben und dessen Gestalt einen Einfluss darauf hat, wer dort lebt und wer ihn wie nutzen darf. In verschiedenen Arbeitsbereichen werden diese Fragestellungen aufgegriffen und mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet.

Ein Beispiel dafür ist das Stadtteiltheater: Die regelmäßig stattfindenden Theaterprojekte finden nicht in den Räumen des Hauses sondern draußen auf den Straßen des Stadtteils statt. Die GWA erarbeitet mit Laienschauspielern aus dem Viertel ein Theaterstück, die Teilnehmer erkunden die Umgebung unter neuen Gesichtspunkten und kommen an neue Orte. Im Mittelpunkt stehen Geschichten aus St. Pauli. Damit werden die Orte selber thematisch neu besetzt. Der auf St. Pauli ohnehin schon rar gewordene öffentliche Raum wird zur Bühne derer, die hier leben. Es findet eine Aneignung und damit auch eine verstärkte Identifikation mit dem Stadtteil statt.

In dem Bereich Stadtteilarbeit setzt sich die GWA mit den aktuellen Entwicklungen im Stadtteil auseinander. Sie unterstützt Bewohnerinnen und Bewohner dabei, ihre Bedarfe zu artikulieren und sich für die Gestaltung des eigenen Lebensumfeldes einzusetzen. Dazu gehört das eigene Zuhause ebenso wie der öffentliche Raum vor der Tür. Ein Beispiel dafür ist der 2005 entstanden „Park Fiction“: In jahrelangen Auseinandersetzungen konnte gemeinsam mit Anwohnerinnen und Initiativen aus dem Stadtteil ein Park nach den eigenen Wünschen umgesetzt werden. Der Entstehung des Parks ist ein intensiver Prozess der aktiven Befragung und Einladung vorausgegangen, bei dem an unzählige Türen geklopft und nach den Wünschen gefragt wurde.

Aktuell wird im Projekt „St. Pauli selber machen!“ an dieses Format der Wunschproduktion aus dem Entwicklungsprozess vom Park Fiction angeknüpft und im Verlauf des Projektes werden neue Formate der Mitbestimmung ausprobiert.

Kontakt:
GWA St. Pauli e.V., Hein-Köllisch-Platz 11, 20359 Hamburg, 040/319 36 23, , www.gwa-stpauli.de

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