Tariflohn, ja bitte! Uns geht es ja noch gold, oder?

Mindestlohn und Altersarmut nehmen in der öffentlichen Meinung gerade viel Raum ein. Kein Thema in der Stadtteilkultur, da gilt noch der öffentliche Tarif für viele, manche, na ja einige. 2013 kommen wahrscheinlich rund 180.000 Euro Mehrausgaben durch die TARIFSTEIGERUNGEN bei gleichbleibenden Förderungen allein auf die geförderten Stadtteilkulturzentren zu. Es wird eng. Also bewerbt Euch noch schnell, liebe Bachelor- oder Masterinhaber, falls eine Stelle frei wird. Bernd Haß, Geschäftsführer im Goldbekhaus, über Arbeit und Tarife in der Stadtteilkultur.

Autor: Bernd Hass

Ob die Arbeit in dem vereinbarten Stundenumfang zu be­wäl­tigen ist? Ob die vereinbarte Wochenstundenzahl in einem Jahr noch gilt? Ob es Freizeitausgleich gibt? Fragt im Vorstel­lungs­gespräch vielleicht die beunruhigte „Generation Praktikum“ auf der Suche nach sicheren Verhältnissen.
Dass die betriebsübliche Arbeitszeit an allen Tagen in den Grenzen von 7:00 bis 22:00 Uhr liegt, ja auch manchmal bis nachts um 3:00 Uhr gehen kann, ist das ein Problem? Man kann schon viel selbst bestimmen von dem, was man tut. Pflicht sind natürlich die notwendigen Termine mit Kollegen und Koopera­tionspartner, die Mitwirkung an Sonderprojekten, die Mitarbeit in den Geschäftsbetrieben, die Geld bringen, also Vermietung, Flohmärkte, Gastronomie und so weiter. Man kann mit 25 % Mehrarbeit gut auskommen, also bei den üblichen Teilzeit­verträgen im Umfang einer Dreiviertel-Stelle 39 Stunden Vollzeit kreative, gesellschaftlich wertvolle Arbeit in der Woche leisten.

Mit wie viel Geld kann man nun rechnen als Neueinsteiger mit Hochschulabschluss? TVL E 9 wird schon drin sein, für Neueinsteiger mit einer Dreiviertelstelle sind das 1763,31 Euro brutto für durchschnittlich 150 Stunden im Monat, also ca. 11,75 Euro pro Stunde. Also alles gut, oder? Für 90 Minuten Kulturgenuss bei einer Abendveranstaltung in der Stadtteilkultur zum Vorver-kaufspreis von 12 Euro muss man also nur rund eine Stunde arbeiten. Kultur für alle eben.

Da wäre allerdings noch eine Kleinigkeit. Weil die Förde-rung dank Schuldenbremse wohl nicht wachsen wird, wissen wir nicht, ob wir in Zukunft die Tarifsteigerungen noch mitmachen können oder die Wochenarbeitszeit kürzen müssen.

Tatsächlich stehen einige Zentren mit dem Rücken an der Wand. Die Kostensteigerungen der letzten Jahre wirken nach, die Möglichkeiten zusätzliche Eigenmittel zu erwirtschaften sind ausgeschöpft. Die nächste Tarifrunde der Länder, die für viele Zentren ausschlaggebend ist, steht vor der Tür. Die Energiewendesonne lächelt mit wachsenden Strompreisen und die Schuldenuhr tickt. Sponsoren und Stiftungen entwickeln eigene Förderprogramme und haben nur noch wenig übrig für kleine Initia-tiven. Die Stadt schafft es nur noch, die großen Kulturtanker halbwegs zu entlasten. Und die Tarif- und Tagelöhner in pre­kären Arbeitsverhältnissen haben nur noch wenig Geld in der Tasche, um es für Kultur ausgeben zu können.

Kontakt:
Goldbekhaus, Moorfuhrtweg 9, 22301 Hamburg, 040/27 87 02-0, , www.goldbekhaus.de

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