20 Jahre im Kulturhaus Eppendorf

In der Hochkultur wechseln die Intendanten nach langen oder kurzen Zeiträumen und nicht immer freiwillig. Die Intendanten in der Stadtteilkultur wechseln in der Regel selten, entscheiden es meist selbst oder „gehen in die Rente“. Dazu zählt sich Verena Ziegler aus dem KULTURHAUS EPPENDORF. Nach zwanzig Jahren Veranstaltungsarbeit wird sie im nächsten Jahr ihren Stuhl räumen. Eine Veranstalterin hält eine persönliche Rück- und Vorschau.

Autorin: Verena Ziegler

Ich kam 1990 in ein kleines Haus, in dem es von Beginn an ein Veranstaltungsprogramm gab. Das sah die Satzung vor. Damals gab es viel Kleinkunst, Laien probierten sich aus.  Technik gab es kaum. Das Kulturhaus hat sich in seine Satzung geschrieben „Kultur selber machen“. Die Gründung eines Sinfonieorchesters und eines Madrigalchors bildeten den Sockel für aktive Kulturarbeit. Dann klopfte eine Autorengruppe aus Reinbek an. Das Forum Hamburger Autoren, mit Preisen überhäuft, sorgte nun für literarische Qualität. Theatergruppen führten einmal im Jahr ein Stück auf. So war ein Grundstein für ein darauf aufbauendes Veranstaltungsprogramm gelegt.

Zu Beginn meiner Arbeit dachte ich mir ein Klassikprogramm aus, ein Format mit sehr gut ausgebildeten Künstlern und sogar kleinen Ensembles, deren Musiker dem Philharmonischen Staatsorchester angehörten. Damals in den 90er Jahren konnten noch Festgagen gezahlt werden. Sonst hätten wir diese Musiker wahrscheinlich gar nicht engagieren können. Diese Veranstaltungsreihe mit alter und neuer Musik war gut besucht, fand aber nach ein paar Jahren leider ihr Ende. Das Geld wurde knapper, es konnten keine Festgagen mehr gezahlen werden. Heute werden die Künstler meistens nur noch an den Eintrittseinnahmen beteiligt.

Mein Ziel war es von Beginn an, das wöchentliche Programm zu mischen: Theater und Literatur, auch mal Performances und Musik. Wir hatten erfolgreiche Abende mit LaLeLu oder Vocal Express. Sogar Roger Cicero und Christian von Richthofen stan den schon auf der Bühne des Kulturhauses. über mehrere Jahre gab es wunderbare Tangobälle mit wunderschön gekleideten Menschen und Live-Musik. Eine Lesebühne brachte mit viel Spaß und Wodka Ahoj das Publikum zum Lachen. über zehn Jahre trat regelmäßig die irakische Erzählerin Huda Al-Hilali auf, die nicht nur mir mit eigenen weitschweifigen und amüsanten Erzählungen einen Einblick in das orientalische Leben gab. Manchmal erzählte sie die ganze Nacht hindurch, hatte das Büfett selbst vorbereitet und den Raum mit Teppichen und Licht farbenfroh dekoriert. Sieben Jahre bis zu seiner Auflösung füllte das legendäre Improvisationstheater „Freier Fall“ monatlich das Haus – kürzlich von einer Besucherin wehmütig als bestes Impro-Theater der Stadt bezeichnet. Viele schöne Reihen, an die ich mich gern erinnere.

Zwanzig Jahre Veranstaltungsarbeit sind eine lange Zeit mit vielen Höhen und Tiefen und vielem Ausprobieren. Was möchte das Publikum? Was möchte die Veranstalterin? Wie bekommt man das zusammen? Manchmal wundert man sich, dass man noch Stühle in den Saal stellen muss, dann wieder bedauern es die wenigen Besucher, dass ein so gutes Programm nur so wenig Publikum findet. Kein einfaches Geschäft.

Theater-Slam mit Theres und Lars, Foto: Alma Hoppes Lustspielhaus

Kabarett hatte ich bis vor Kurzem kaum ins Programm genommen, weil das Alma-Hoppes Lustspielhaus zu nah ist. Nach 20 Jahren habe ich die Hausherren endlich angesprochen und alles war dann doch kein Problem. Daraus ist eine Zusammenarbeit mit dem Titel „Slam Kabarett“ entstanden: Eine Produktion des Lustspielhauses wird auch auf die Probebretter des Kulturhauses gebracht, verbunden mit dem Wunsch von beiden Häusern, damit ein jüngeres Publikum zu gewinnen. Ein neuer Knoten im Stadtteilnetzwerk ist geknüpft.

Musik hat inzwischen einen Platz im Programm gefunden. Für mich ist dabei sehr wichtig, über das Musik-Veranstalter- Treffen – eine Netzwerkgruppe von STADTKULTUR – einen Austausch mit meinen in den anderen Zentren zuständigen Kollegen zu haben. Man kann sich beraten, Erfahrungen austauschen und Gemeinsames planen.

Spannend ist auch die Zusammenarbeit mit dem englischen „Storyteller“ Robert MacCall, der ab November 2012 bis Ende 2013 zu Charles Dickens’ zweihundertstem Geburtstag einmal monatlich aus dessen Werk erzählen wird.

Jeder Veranstalter hat eine Spielwiese: Ich probiere zurzeit Veranstaltungen auf unserem relativ neuen Eppendorfer Marie- Jonas-Platz aus. Nach Theater, Kino, Tanz und Performance biete ich in diesem Jahr dreimal Tanz an, weil der Platz eine tolle große Tanzfläche darstellt – die wir in unserem kleinen Haus einfach nicht haben. überdies ist Tanz etwas Aktives und macht die Menschen glücklich. Die Zielgruppe wird über Plakate im Stadtteil sowie über Tanzschulen und Stadtteilkultur zentren mit Tanzkurssparte angesprochen. Tanz soll wieder einen festen Platz im Kulturhaus-Programm bekommen: In diesem Jahr wird Swing anboten, dafür dürfte der eigene Saal ausreichend groß genug sein.

Im Laufe der Jahre ist mir das Kindertheaterprogramm besonders ans Herz gewachsen. Sicher auch, weil das Publikum berechenbarer ist. Kinder werden immer geboren, Eltern wollen den Kindern Kultur bieten und kommen deshalb zuhauf, manchmal in Puschen von oben aus den Wohnungen über dem Kulturhaus. Und die Kindertheaterveranstalter der Stadtteil – kulturzentren – auch hier gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit im Kindertheater-Treff – zeigen den Eltern, dass man Märchen auch mit einem Augenzwinkern statt fruchterregend vermitteln kann. Neulich gab es bei einer Performance sogar einmal einen Buhruf. Kultur polarisiert eben. Das ist spannend und deshalb kann ich eigentlich auch nicht genug davon bekommen – und das nach 20 Jahren.

FREITAG, 28. SEPTEMBER UM 20:00 UHR
Christine Prayon: Die Diplom Animatöse
Die mehrfach preisgekrönte Kabarettistin, u. a. auch bekannt als Birte Schneider aus der ZDF heute-Show, stellt ihr erstes Solo-Programm vor, 13,–/11,– €
Kulturhaus Eppendorf, Julius-Reincke-Stieg 13 a

Kontakt:
Kulturhaus Eppendorf, Julius-Reincke-Stieg 13 a, 20251 Hamburg, 040/48 15 48, , www.kulturhaus-eppendorf.de

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