KIKU – ein Modell im Werden

„Ey Vadder! Gib mir den Prinzen als Mann!“ Prinzessin Julia muss nicht lange überlegen, wie sie ihren königlichen Vater ansprechen will. Doch es erhebt sich Protest. Projektleiter Huug van’t Hoff interveniert: „So kannst du doch nicht mit dem König ­sprechen! Was könntest Du stattdessen sagen?“ – Mit Begeisterung sind zehn Kinder aus den dritten Klassen der Schule Sander Straße dabei, ihr eigenes Theaterstück zu entwerfen. Sie bleiben dafür nach der regulären Schulzeit einmal wöchentlich bis in den Nachmittag in der Schule. Am Ende des Schuljahrs soll es eine Aufführung geben. Dieser sprachförderliche Theaterworkshop ist eines von rund 20 Projekten des ­Kinderkulturhauses Lohbrügge, die momentan an Schulen und Kitas laufen.

Autor: Thomas Ricken

Das KIKU Kinderkulturhaus Lohbrügge ist eine soziokulturelle Einrichtung völlig neuen Typs. Entstanden ist es aus der Projektsparte des Kulturzentrums LOLA. Für die Koopera­tionsprojekte der „East Side Story“ erhielt das Kulturzentrum den Hamburger Stadtteilkulturpreis. Beflügelt vom Erfolg und durch die Einsicht, dass viel für eine enge und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen Schule und Soziokultur spricht, entstand im April 2008 die Idee, ein Kinderkulturhaus – kurz KIKU – in Lohbrügge zu gründen. Im Sommer 2010 war es so weit: Es gab die Förderzusage im Rahmen der aktiven Stadtteilentwicklung. Neben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt und der Behörde für Kultur und Medien bezuschusste die Hamburger Bürgerschaft durch Mittel aus dem Sonder­-in­vestitionsprogramm und die Behörde für Schule und Berufs­bil­dung das neue Modell. Rund 1,8 Millionen Euro standen so für den Gebäudeankauf und für den Betrieb in den nächsten acht Jahren bereit.

Die LOLA gab dem Modell KIKU eine eigene Rechtsform – eine so genannte gemeinnützige „Mini-GmbH“ bzw. Unternehmergesellschaft. Geschäftsführer sind Thomas Ricken und die langjährige LOLA-Co-Geschäftsführerin Ortrud Schwirz.
Sehr viel Zeit hatten die Verantwortlichen nicht, ihr Kon­zept in die Tat umzusetzen. Die ersten KIKU-Projekte fanden bereits im Herbst 2010 statt: Kinder der fünften Klasse der Stadtteilschule Lohbrügge gestalteten malerisch sowie mit Fotos und Interviews einen Wandkalender. Ein Theaterprojekt folgte und zu Beginn des Jahres gab es einen Radio- und Hörspiel­workshop. Kinder einer vierten Klasse der Schule Leuschner­straße produzierten nicht nur eine einstündige Radiosendung und ein Hörspiel, sondern kamen auch als Reporter zum Ein­satz: Als Grünen-Vorsitzende Claudia Roth das KIKU besuchte, wurde sie gleich von den Kindern interviewt. Hieraus entstand dann eine weitere Radiosendung. Das KIKU kooperierte bei diesem Medienangebot mit den „Ohrlotsen“ der MOTTE und der Eimsbüttler Initiative „Radio Funkstark“.

„Wir sehen uns als ein Teil der soziokulturellen Szene in Hamburg“, sagt Thomas Ricken. „Wir begreifen es als Stärke, vernetzt zu sein und mit unseren Möglichkeiten Kompetenzen verschiedener Anbieter zu fördern und weiterzuentwickeln.“ Vernetzt ist das KIKU vor allem auch im Stadtteil Lohbrügge – hier arbeitet es jetzt bereits mit zehn Schulen und etlichen Kitas zusammen.

Eine besondere Herausforderung ist die Umsetzung der sprachförderlichen Kulturprojekte, die das KIKU im Auftrag der Behörde für Schule und Berufsbildung durchführt. Die ausgewiesene Zielgruppe sind Kinder, die einen besonderen, durch Tests nachgewiesenen Sprachförderbedarf haben. Diese Grund­schüler nehmen gruppenweise an Kulturprojekten teil, die ein- oder zweimal wöchentlich nach der regulären Schulzeit statt­finden. Die Fortbildung der mit dieser Arbeit betrauten Künst­ler und Kulturpädagogen führt das Landesinstitut für Lehrer­bil­dung (LI) durch. Die dortige Abteilung Qualitätsentwick­lung evaluiert das erfolgversprechende Experiment.

Ein wesentlicher Bestandteil der KIKU-Arbeit wird zukünftig die Medienkompetenz-Förderung sein. Hier ist eine enge Kooperation mit der Stadtteilschule Richard-Linde-Weg geplant. Angesichts des rasanten Bedeutungszuwachses, den die Medien, insbesondere das Internet, in kurzer Zeit erfahren haben, will das KIKU Möglichkeiten des kreativen Umgangs mit Computer, Film und Fotografie erproben und fördern. Diese Arbeit wird durch externe Partner unterstützt. So ermöglichte die ZEIT-Stiftung die Anschaffung von Laptops und die NBB-Bildungs­initiative rüstete das KIKU mit PC-Komplettsystemen aus.

Seit Anfang März verfügt das KIKU über ein eigenes Gebäude, das jetzt umgebaut und renoviert wird. In einer rund 300 Quadratmeter großen Backsteinvilla am Lohbrügger Markt in Bergedorf wird sich zukünftig der große Teil der Arbeit der neuen Institution abspielen. Im Erdgeschoss gibt es u.a. einen großen Raum mit einer kleinen Bühne, der für Theater- und andere Workshops genutzt werden kann. Im Obergeschoss stehen ein rund 100 Quadratmeter großer Raum z.B. für Bewe­gungsarbeit und ein weiterer Raum, der sich für ruhigere Arbei­-ten z.B. am Computer oder aus dem Bereich „Lesen und Schrei­ben“ anbietet, zur Verfügung. Büro- und weitere Funktionsräume ergänzen das Raumportfolio. Das Gebäude ist von einem Garten umgeben, der direkt an die Fläche von LOLA angrenzt.

Und wann wird das KIKU offiziell eingeweiht? Etwas Geduld braucht es noch dafür. Nach den Sommerferien werden die Umbau- und Renovierungsarbeiten abgeschlossen sein, und dann wird sich die neue Institution auch einer breiten Öffentlichkeit vorstellen. Und bis dahin werden auch schon wieder viele neue Kooperationsprojekte mit Schulen und Kitas gestartet.

Kontakt:
KIKU – Kinderkulturhaus des Kulturzentrums LOLA UG, Lohbrügger Markt 5, 21031 Hamburg, 040/724 97 58, , www.kiku-hh.de

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